Yama und Niyama sind nach Patanjali die ersten zwei Glieder des Yoga-Wegs. Sie charakterisieren die Lebensweise, den ethischen Verhaltenskodex und bestehen jeweils aus 5 Prinzipien. Yama konzentriert sich auf die Haltung gegenüber unserer Umwelt. Niyama charakterisiert die Haltung gegenüber uns selbst.

Yama

Yama, unsere Haltung gegenüber unserer Umwelt wird charakterisiert durch: 5 ethische Prinzipien, welche Mäßigung uns Zurückhaltung fördern sollen:

 

  1. Überlegtes und behutsames Umgehen mit allem was lebt, besonders mit den Lebewesen, die hilflos sind oder sich in Schwierigkeiten befinden.

Das erste Prinzip verkörpert eine Lebensweise, die ein überlegtes Handeln allen Lebewesen gegenüber vorraussetzt. Das bedeutet, wie wir uns den Menschen in unserem Umfeld gegenüber verhalten und schließt auch unser Verhalten gegenüber Tieren mit ein, vor allem denen, die hilflos oder in Not sind. Durch diese Einstellung werden andere Menschen und Tiere in deiner Gegenwart liebevolle Gefühle empfinden. In meinen Augen fordert dieses Prinzip eine vegane Lebensweise, denn unschuldige, hilflose Tiere zu töten um sie zu essen ist kein behutsames oder überlegtes Handeln diesen Lebewesen gegenüber. Zudem befasst sich Veganismus nicht nur mit einer fleischfreien und tierproduktfreien Ernährung sondern auch mit vielen anderen ethischen Themengebieten.

 

         2. Aufrichtige Verständigung durch Sprache, Gesten und Handlungen

Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Kommunikation sind so wichtig für gute Beziehungen. Unser Geist, unsere Umwelt, alles ist dem ständigen Wandel der drei Gunas unterlegen. So nehmen wir Dinge unterschiedlich wahr, abhängig von unserem geistigen Zustand, unserer Gefühlslage usw. Wörter und Sätze können sehr unterschiedlich ausgelegt werden, deshalb ist eine gute, aufrichtige Verständigung nötig, die sich nicht nur durch Sprache sondern auch durch Gesten und vor allem Handlungen ausdrückt wird. Dieses Prinzip soll uns helfen Fehler zu vermeiden. Wer kennt es nicht, dass man sich per SMS völlig falsch versteht oder andeinander vorbeiredet, weil man die Mimik oder die Betonung des anderen falsch interpretiert? Oder das schöne Sprichwort: „Taten sagen mehr als 1000 Worte“

 

 3. Nichtbegehren oder die Fähigkeit, uns von dem Wunsch nach Dingen, die uns nicht gehören, zu lösen

Neid und Eifersucht sind Gift für jede Beziehung. Wenn du nichts begehrst, was anderen gehört, so werden andere Menschen alles mit dir teilen wollen, egal wie kostbar es auch sein mag. Du hast alles was du brauchst und du befindest dich genau da, wo du sein sollst. Das Universum wird dir das geben, worum du es bittest. Höre auf dich mit anderen zu vergleichen. Wenn du dich mit jemandem vergleichen solltest, dann mit deinem Vergangenheits-Ich. Wie viel besser bist du seit gestern geworden? Aber denke immer daran: DU bist gut so wie du bist. DU bist genug. Alles was du brauchst ist bereits in dir.

 

4. Mäßigung in all unserem Tun

Durch Mäßigung wird es einem Menschen möglich die gesamte Kraft & Vitalität, die in ihm ruht, zu erfahren. Vielleicht magst du mal darüber nachdenken wie viel du konsumierst und wie viel du kreierst? Oft konsumieren wir mehr als wir erschaffen. Was konsumierst du täglich? Es fängt bei der Nahrung an, geht über Klamotten, Schuhe, Handtaschen, Uhren, Deko, Hygiene-Artikel, Fehrnsehn, Inetrnet ….. Die Liste ist unendlich lang. Nicht umsonst heißt es: “ Weniger ist mehr“ …

 

5. Die Fähigkeit uns auf das zu beschränken, was wir brauchen, und nur das anzunehmen, was uns zusteht

Das fünfte und letzte Prinzip charakterisiert unsere Bescheidenheit. Modern ausgedrückt wäre das die Bewegung des Minimalismus, welcher neuerdings wieder mehr Aufmerksamkeit und Zuspruch findet. Ganz ehrlich, eigentlich brauche ich nicht viel zum Leben. Ich würde zum Beispiel mit einem Drittel meiner Klamotten auskommen, wenn ich müsste. Wie viele Teile aus deinem Kleiderschrank hattest du in den vergangenen drei Monaten nicht an? Was aus deinem Zimmer hast du im letzten halben Jahr nicht wirklich gebraucht?  Jemand der sich auf das beschränken kann, was er braucht und was ihm zusteht, fühlt sich sicher. Wenn man nicht so viel hat kann man auch nicht so viel verlieren. Musst du dir ständig Gedanken darüber machen wie du dein Haus, dein Auto oder den neuen Fehrnseher finanzierst? Und meistens bleibt es nicht bei einem Auto oder einem Fernseher. Wenn man sich frei von zu viel Besitzt macht findet man die Zeit zum Nachdenken, zur Meditation und kann ein vollkommenes Verständnis von sich selbst gewinnen.

Niyama

Niyama, unsere Haltung gegenüber uns selbst, wird charakterisiert durch 5 Prinzipien der Selbstbeherrschung, die Grundregeln für Selbstdisziplin:

 

  1. Reinheit, die sich auf unseren Geist, Körper und unsere Umgebung bezieht

Ein Mensch mit einem reinen Geist ist nicht von falschen Wahrnehmungsmustern aus seiner Vergangenheit negativ beeinflusst. Diese falschen Wahrnehmungsmuster stören unseren Meditationsprozess und unsere Selbsterkenntnis. Nur wenn wir uns ohne Ablenkung auf ein Objekt ausrichten können, sind wir fähig über die tiefe Natur des individuellen Selbst und die Quelle der Wahrnehmung zu meditieren. Doch unser Geist kann nicht rein sein wenn es der Körper und die Umgebung nicht sind. Hast du auch schon mal das Wunder einer kalten Dusche und frischen Klamotten erlebt, wenn es dir vielleicht an dem Tag nicht so gut ging oder irgendwas einfach nicht laufen wollte? Diese Frische verleiht einem gleich ein ganz neues Lebensgefühl. Wenn ich vor meinem Schreibtisch sitzte und das Gefühl habe es will gerade einfach nicht funktionieren und ich keinen klaren Gedanken fassen kann, schaue ich mich um und stelle oftmals fest, dass mein Schreibtisch, mein Zimmer ein absolutes Chaos ist. Dazu kommt manchmal noch, dass ich morgens nur schnell meinen alten Schlabberpulli und die Leggings von vor 3 Tagen übergeworfen habe. Wie soll da in meinem Kopf Ordnung entstehen? Der einfachste und erste Schritt zu einem klaren Geist ist es dein Zimmer aufzuräumen, dein Schreibtisch in Ordnung zu bringen, vielleicht eine Dusche zu nehmen und  frische Klamotten anzuziehen.

 

2. Bescheidenheit und Zufriedenheit, die darauf beruht, dass wir mit dem glücklich sind, was wir haben und nicht ständig etwas  vermissen, was wir nicht haben

Dankbarkeit ist hier das Stichwort. Dankbarkeit für das, was wir haben, ist die Grundlage um mehr Positives in unser Leben einzuladen. Du ziehst das in dein Leben, um was sich deine Gedanken drehen. Das ist das Gesetzt der Anziehung: Negative Gedanken ziehen negative Situatonen in dein Leben und genauso ziehen positive Gedanken, positive Situationen in dein Leben. Wie sollst du also glücklicher werden, wenn du dich dauernd nur beschwerst und darüber nachdenkst und darüber redest, wie schlecht alles in deinem Leben ist und was dir alles fehlt. Anstelle dessen konzentriere dich darauf, was du alles hast ! Sei dankbar für alles Tolle in deinem Leben. Nur diese tiefe Zufriedenheit und Dankbarkeit lässt uns grenzenloses Glück erfahren.

 

3.  Das Lösen von Blockaden in unserem Körper und Geist, indem wir in unserem Leben eine gewisse Disziplin einhalten; Disziplin bezieht sich hier vor allem auf Körper- und Atemübungen, auf unsere Ernährung, Schlaf und den Umgang mit Arbeit und Erholung

Das Verringern von Blockaden in unserem Körper & Hindernissen in unserem Geist führt dazu, dass sich unsere körperlichen Funktionen in einem harmonsichen Gleichgewicht befinden. Hier wird unter anderem die Asana und Pranayama Praxis im Yoga angesprochen. Doch da Yoga ein ganzheitliches Konzept ist, wird auch hier unser gesamter Lebensstil definiert. Etwas einfacher ausgedrückt wir von uns erwartet, dass wir regelmäßig Sport machen und meditieren. Uns gesund ernähren, also frische, pflanzliche Lebensmittel zu uns nehmen, die unseren Körper mit viel Prana aufladen. Einen gesunden Schlafrythmus haben, also früh ins Bett gehen und früh aufstehen und mindestens 8 Stunden schlafen. Und zu guter Letzt eine gute Work-Life Balance haben, wie man es heutzutage ausdrücken würde.

 

4. Das Studieren und das wiederholte Überprüfen unserer eigenen Entwicklung

Im vierten Prinzip von Niymama geht es um Persönlichkeitsentwicklung. Ein sehr interessantes Thema zu dem es gerade in letzter Zeit immer mehr Bücher, Podcasts und Workshops gibt. Meiner Meinung nach ist Persönlichkeitsentwicklung sehr wichtig und was Pantanjali hier betont ist, dass wir nie fertig sind damit. Wir unterliegen dem ständigen Wandel und jede Weiterentwicklung bringt neue Herausforderungen mit sich. So wird es immer neue Hindernisse zu überwinden geben. Doch durch intensives Studieren und Suchen nach Weisheit entwickelt sich eine Verbindung zu höheren Kräften. Dadurch können wir ein tiefes Verstehen selbst von äußerst komplexen Dingen erlangen.

 

5. Erfurcht gegenüber einer höheren Kraft oder das Annehmen unserer eigenen Begrenztheit im Vergleich zu der allwissenheit Gottes

Im letzten Absatz beschäft sich Niyama mit Gott. Für viele wirkt diese Wort „Gott“ erstmal abschreckend, weil es irgendwas mit Glaube, Religion und Kirche zu tun hat. Doch Yoga ist keinesfalls eine Religion noch hat es irgendetwas mit einer Religion zu tun.  Durch die Verehrung Gottes wächst die Fähigkeit in uns, jedes ausgewählte Objekt in seiner Vollkommenheit zu erkennen. Dazu braucht es jedoch keinen Gott. Es reicht schon wenn wir uns mit dem Gedanken anfreunden können, dass es irgendeine höhere Macht als den Menschen gibt. Für manche ist das Gott, für andere ist es das Universum, Naturgesetzte oder eine andere höhere Macht. Hier soll und nur bewusst werden, dass der Mensch nicht allwissend ist und auch unser Verständnis vom großen Ganzen vielleicht begrenzt ist. Außerdem sollen wir jedes ausgewählte Objekt in seiner Vollkommenheit anerkennen. Jeder Mensch, jedes Lebewesen, alles was auf dieser Welt geschaffen wurde ist Vollkommen so wie es ist, auch wenn dies nicht jeder erkennen möchte. So bist du vollkommen genau so wie du bist, genauso wie ich vollkommen bin, auch wenn wir uns komplett voneinander unterscheiden.

 

Das waren die ersten zwei Glieder des 8 stufigen Yoga-Wegs, etwas ausführlicher dargestellt. Wenn bei dir Interesse geweckt wurde mehr über den Yoga-Weg nach Patanjali zu erfahren empfehle ich dir dieses Buch, auf welches ich mich in diesem Beitrag beziehe. Ich hoffe ich konnte dir in diesem Post die Grunssätze der Lebensphilosophie des Yoga anschaulich machen und etwas näher bringen. Der nächste Blogpost wird sich mit den nächsten 3 Stufen befassen: Asnana, Pranayama und Pratyahara.

 

 

Namaste   ☼